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Zukunft der Churer Schutzwälder

Aktualisiert: 21. Okt.

Kürzlich wurde ich in den Vorstand des Bündner Waldeigentümerverbandes SELVA gewählt. Manche mögen sich bei dieser Meldung fragen, was ein Churer Stadtrat denn bei den Waldeigentümern verloren hat. Schliesslich ist der Wald politisch (noch) selten ein Thema in Chur. Vorab: Ich bin zwar auch privat Waldbesitzer, mein Wald befindet sich aber im Zürcher Unterland und ist daher nicht von Belang für meine neue Aufgabe. Beruflich bin ich aber zuständig für die 4504 Hektaren Wald der Stadt und der Bürgergemeinde Chur, die durch die Stadt Chur bewirtschaftet werden.


Und diese Fläche hat es in sich. Sie wird nicht nur intensiv genutzt von Spaziergängern, Mountainbikerinnen und verschiedenen Sportvereinen. Sie dient zu beträchtlichen Teilen auch dem Schutz vor Naturgefahren, der Biodiversität und der Holzproduktion. Diese vier Nutzungen unter einen Hut zu bringen ist nicht einfach. Insbesondere in einem dichtbesiedelten Gebiet wie der Stadt Chur sind teilweise Einschränkungen nötig, um alle Bedürfnisse zu erfüllen. Die Mitarbeiter der Abteilung Wald und Alpen erleben das tagtäglich bei ihrer Arbeit, wenn sie von der Bevölkerung kritisch beobachtet und teilweise in ihrer Arbeit eingeschränkt werden.


Zur ohnehin anspruchsvollen Berücksichtigung aller Interessent kam im vergangenen Jahrzehnt eine zusätzliche Herausforderung dazu: Extremereignisse wie Hitze, Trockenheit, Stürme und Schadorganismen setzen unserem Wald zu. Damit der Wald seine Funktionen für Mensch und Umwelt auch künftig erfüllen kann, muss er an den Klimawandel angepasst werden. Das tönt unspektakulär, ein paar wärmeliebende Baumarten fördern kann ja nicht so schwierig sein. Nur: Der Planungshorizont im Wald liegt bei mehr als hundert Jahren, Versäumnisse von gestern sind nicht die Probleme von heute oder morgen, sondern die der zukünftigen Generationen.


Besonders an der Situation in Chur ist insbesondere der hohe Anteil Schutzwald: Allein der Schwarzwald, also die Waldflächen am Pizokel, die ich jeden Tag aus meinem Büro betrachte, bringt eine enorme Schutzwirkung in den Bereichen Steinschlag, Rutschungen und Überschwemmungen für die Quartiere am Fusse des Pizokel. Diese Schutzwirkung mit technischen Schutzbauten zu bewerkstelligen, ist nicht nur schwierig umzusetzen, sondern würde auch mehrere Millionen Franken kosten. Entsprechend liegt es sehr im Interesse der Stadt Chur, dass wir dem Schwarzwald und der Waldverjüngung darin Sorge tragen.


Umso erschreckender waren für mich die Erkenntnisse einer Studie im Auftrag des Amtes für Wald und Naturgefahren (AWN), die 2021 erarbeitet wurde: Die Verjüngungssituation des Schwarzwaldes ist dramatisch. Wenn wir keine wirksamen Massnahmen treffen, wird auf diesem Standort in 50 Jahren kein intakter Schutzwald mehr existieren. Auch in anderen Wäldern rund um die Stadt Chur sieht es diesbezüglich nicht besonders gut aus. Auf vielen wichtigen Schutzwaldflächen ist die Verjüngung von zukunftsfähigen Baumarten aufgrund der hohen Wildbestände nicht möglich.


Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer: Den Wald bewirtschaften können wir in der Stadt Chur weitgehend selber. Aber für das Regulieren der Wildbestände, dafür sind wir auf die wertvolle Arbeit der Jägerinnen und Jäger angewiesen und natürlich auf eine zielführende Jagdplanung durch den Kanton. Und hier schliesst sich der Kreis zu meinem Engagement im Vorstand des Waldeigentümerverbandes SELVA: Als Vertreter der Stadt Chur möchte ich künftig darauf hinwirken, dass Jagdplanung, Waldbewirtschaftung und die Steuerung der Freizeitnutzung Hand in Hand darauf hinwirken, dass die Waldverjüngung auf unseren wichtigen Schutzwaldflächen gewährleistet ist. Damit auch zukünftige Generationen von Churerinnen und Churern die wichtigen und vielseitigen Funktionen unseres Waldes nutzen können.

 
 

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